Architektur und Kunstverständnis
Artikel in der Zürichsee-Zeitung erschienen am 3. Juni 2005
Herrliberg: Das breite Wirkungsfeld von Rolf Limburg hinterlässt Spuren von bleibendem Wert.
Der Herrliberger Architekt Rolf Limburg setzte sich engagiert für die Erhaltung von schützenswerten Gebäuden ein, war ein Verfechter des Landschaftschutzes und gleichzeitig ein Kenner der Kunstszene. Als Rolf Limburg am 19. April starb, wurde vielen wieder bewusst, was er während Jahrzehnten an allen Fronten geleistet hatte.
Antonia Baumann*
Seit seinem Zuzug nach Herrliberg im Jahre 1968 bis zu seinem Tod war sein Engagement nicht nur für das Ortsbild Herrliberg, welches Denkmalschutz und Naturerhalt umfasst, von unschätzbarem Wert. Sein offener und wacher Blick für das Wesentliche war verbunden mit einer uneingeschränkten Aufrichtigkeit sowie einer liebenswerten und nicht verletzenden Beharrlichkeit, die seine Anliegen erfolgversprechend unterstrichen. Dabei leiteten ihn sein kunsthistorisches Wissen und seine aesthetische Empfindsamkeit.
Architekt und Künstler
Rolf Limburg wurde am 9. April 1932 in Zürich geboren und wuchs im Quartier Fluntern auf. Er verbrachte während seiner Jugend viel Zeit im Wochenendhäuschen „Büelhältli“ in Herrliberg, wo seine Liebe zur Natur und zur Gemeinde entstand.
Das Studium der Architektur an der ETH Zürich verband für ihn die Interessensgebiete Kunst und Technik mit Geschichte und Natur. Die damals führende Architektur mit Holz, Backsteinmauern und Sichtbeton prägte seinen späteren Baustil.
Rolf Limburg gründete sein eigenes Architekturbüro anfangs der 1960-Jahre in Zürich. Als erfolgreicher Architekt realisierte er auch in Herrliberg mehrere Bauten, worin er sein Verständnis von guter Architektur zum Ausdruck brachte. Zudem renovierte er 1974 das Gemeindehaus und verlieh ihm die wohltuende rote Farbe. 1977 erstellte er das neue Schulhaus Wetzwil und renovierte das alte Schulhäuschen.
Rolf Limburg erhielt für seine Bauten verschiedene Auszeichnungen. Während seiner beruflichen Laufbahn legte er zunehmend den Schwerpunkt auf die Renovation von historischen und schützenswerten Gebäuden oder Baugruppen, so etwa das Blutspendezentrum am Hirschengraben, das Schulhaus im Bühl in Zürich-Wiedikon oder das Schwesternausbildungszentrum an der Gloriastrasse. Diese Ausrichtung bedeutete für ihn folgerichtig die Zugehörigkeit zu entsprechenden Vereinen und Gruppierungen.
Aber Rolf Limburg war auch künstlerisch tätig. Pfarrer Thomas Koelliker umschrieb dies an seiner Abdankungsrede vom 4. Mai im Fraumünster so: „Selber schuf er Kunst. In seinen Bildern, in seinen Skizzen und Zeichnungen. Er konnte wahrnehmen – um gleichsam hinter der Oberfläche des Seienden etwas ganz anderes zu erahnen“.

VVH
Während über 30 Jahren war Rolf Limburg Mitglied des Verkehrs- und Verschönerungsverein Herrliberg (VVH) und engagierte sich für die verschiedensten Vereinsbelange. Von 1978 bis 1980 präsidierte er den VVH. Er setzte sich unter anderem für die Erhaltung der Wanderwege und schützenswerter Bäume sowie für das Erstellen von Aussichtsplätzen ein und förderte weitere Ideen, deren Umsetzung zur Verbesserung der Lebensqualität in Herrliberg führte.
Besonders aktiv war Rolf Limburg in der VVH-Gruppe Dorfbild, wobei er sich um architektonische und bauliche Aspekte kümmerte und hinwirkend auf eine Verschönerung grossen Anteil an den baulichen Aktivitäten der Gemeinde nahm. Dabei lag ihm die Erhaltung schützenwerter Gebäude im Dorf Herrliberg besonders am Herzen. Die Veränderungen des Dorfbildes und deren Auswirkungen auf die Landschaft waren sein zentrales Anliegen. Es gelang ihm, seine fundierten Fachkenntnisse in einen grösseren Rahmen zu stellen und so die verschiedenen Belange in einen sinnvollen Bezug zueinander zu setzen.
Galerie Vogtei
Da die Galerie Vogtei von VVH-Mitgliedern gegründet wurde, wundert es nicht, dass sich Rolf Limburg auch innerhalb des Freundeskreises der Galerie Vogtei engagierte. So stellte er Stiche von Zürichsee-Landschaften aus und beteiligte sich zusammen mit Edi Lanners, Trudy Frisch-von Meyenburg und anderen an einer gemeinsamen Ausstellung mit Ferienskizzen. Als die Galerie Vogtei per 1. Januar 2000 in einen Verein umgewandelt wurde, war Rolf Limburg im Gründungsausschuss und anschliessend im Vorstand tätig, wo er für das Ausstellungsprogramm verantwortlich war. Dabei profitierte die Galerie Vogtei von seinen grossen Kenntnissen der Kunstgeschichte und Künstler besonders der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Hans und Helen Kasser-Stiftung
Kurz nach dem Tod der Malerin Helen Kasser trat im April 2000 die von Hans und Helen Kasser errichtete Stiftung in Kraft. Auch hier engagierte sich Rolf Limburg. Zusammen mit Walter Stutzer, Pierre Weber und Otto Meier war er Mitglied des Stiftungsrates. Er war Kurator der Sammlung und bereitete Ausstellungen in der Galerie Vogtei vor, so eine Gedächtnisausstellung mit Werken von Helen Kasser (2002) sowie „Varlin und seine Zeit“ mit Kunstwerken aus der Sammlung Hans und Helen Kasser (2003). Varlin war einer der vielen zeitgenössischen Künstler, zu denen Rolf Limburg persönliche Kontakte pflegte.
Baukommission
Als er 1978 bis 1986 während zwei Amtsperioden Mitglied der Baukommission Herrliberg war, lag sein besonderes Augenmerk beim Erhalt von historischer Bausubstanz sowie bei der Farbgebung von neuen Überbauungen und Einzelobjekten. Obwohl sein Wirken in eine Zeit fiel, in der viel gebaut wurde, lag ihm viel an der Beibehaltung des dörflichen Erscheinungsbildes von Herrliberg. Auch hier zeigte sich sein Wissen um die grosse Verantwortung gegenüber dem kulturellen Erbe. Lisbeth Germann, Bauvorsteherin, erinnert sich: „Besonders geschätzt habe ich an Rolf sein Engagement und seine Beharrlichkeit, mit denen er in unzähligen Telefonaten und in persönlichen Gesprächen immer wieder auf diese Werte aufmerksam machte. Auch wenn er seine Ziele nicht immer erreichen konnte, war er stets von konzilianter, freundlicher und nie ausfällig werdender Art“.
Landschaftsschutz
Es war Rolf Limburg ein grosses Anliegen, ein Gleichgewicht zwischen der Freihaltung von bestehenden Grünflächen und der Erweiterung des Siedlungsgebietes zu finden. Umsetzen konnte er dies seit 1995 auch als Vorstandsmitglied des Zürichsee Landschaftsschutz ZSL, wo er als Gebietsverantwortlicher das obere rechte Zürichseeufer betreute. Wie an allen anderen Fronten, kämpfte er auch hier um den Schutz der Landschafts- und Ortsbilder. Dr. Ulrich E. Gut, Präsident Zürichsee Landschaftsschutz, beschreibt Rolf Limburg als geschichts- und traditionsbewussten wie auch naturverbundenen Menschen, der seine Aufgaben mit wohlbegründetem und konsequentem Engagement ausführte.
Heimatschutz und Denkmalpflege
Beharrlich und unbeirrt verfolgte Rolf Limburg seine Forderung nach Erhalt von schützenwerter Bausubstanz, im Wissen um die grosse Wichtigkeit der Beibehaltung von kulturellen Werten für die nächsten Generationen. Besondere Bedeutung mass er dem Einbezug von aesthetischen Aspekten bei. Eine beinahe logische Folge davon war die Mitgliedschaft in der Kommission für Denkmalpflege des Kantons Zürich (1979-2000). Seit 1989 war er zudem Vorstandsmitglied des Zürcher Heimatschutzes. Seine Ansichten in architektonischen und künstlerischen Belangen formulierte er sehr präzise. Er war dabei auch offen für andere Meinungen, wenn diese gut begründet waren.
Auch für den Schweizer Heimatschutz gab er Restaurations- oder Schutzempfehlungen ab. Dabei waren ihm Gebäude mit einer öffentlich wirksamen Ausstrahlung besonders wichtig. So setzte er sich etwa für den Erhalt der Villa Favorita Lugano (ehemaliges Thyssen-Museum), für einen aesthetisch ansprechenden Umbau des Landesmuseums oder für die historischen Fabrikbauten und Kosthäuser im Zürcher Oberland ein. Dr. Bruno Kläusli, Präsident des Zürcher Heimatschutzes, würdigt Rolf Limburgs Tätigkeiten bei der Baukulturpflege folgendermassen: „Er hat mit einem respektvollen Wirken persönlich und sachlich grossartige Spuren zur besten Beurteilung im Zürcher Heimatschutz hinterlassen.“ Rolf Limburg verfasste in diesem Zusammenhang immer wieder Beiträge für die NZZ, in denen er auf die Bedeutsamtkeit von architektonischen Zeitzeugen einging, wobei seine hohe Urteilskraft auch hier zum Tragen kam. Zudem schrieb er wiederholt in der Zürichsee-Zeitung über Dorfbild und Landschaftsschutz.
Seeclub und Zunft
Gab es einen Ausgleich neben all diesen Tätigkeiten? Für Rolf Limburg war die Mitgliedschaft im Seeclub Zürich Ausdruck für die Synthese von Naturverbundenheit, Geselligkeit und Kameradschaft. Bereits 1953 trat er, 21-jährig, als aktiver Ruderer bei. In den 1960-er Jahren war er im Vorstand als Aktuar tätig und setzte sich in der Folge für die Erhaltung des Bootshauses am Mythenquai im Sinne eines architektonischen Zeitdokuments ein. Seeclub-Freund Jürg Fretz schaut auf die lange Zeit zurück: „Hier fühlte er sich augenfällig wohl, nahm rege und launig teil an Ausfahrten und Diskussionen, anerbot kameradschaftlich seine Unterstützung, freute sich, wenn er hin und wieder mit einem spendierten Tropfen einen zusätzlichen Beitrag zur guten Stimmung leisten konnte, vertrat aber auch sehr vehement seinen Standpunkt, wenn es ihm der Sache wegen angezeigt erschien – mit offenem Visier, zuweilen in unzimperlichen Bildern auch, doch stets überdacht und nie verletzend.“ Aber Rolf Limburg war auch seit 1963 ein passionierter Zöifter der Zunft zur Schmiden. Kaum je liess er einen Zunftanlass oder ein Sechseläuten aus. Gewissermassen als „Hausarchitekt“ war er zwischen 1988 und 2003 auch hier darum besorgt, dass das Zunfthaus „Zum goldenen Horn“ an der Marktgasse nach kunsthistorischen Kriterien restauriert wurde. So hinterlässt Rolf Limburg nicht nur bei seiner Familie, die immer wieder eine Quelle seiner Inspiration war, eine grosse Lücke. Seine herausragenden Leistungen innerhalb des beeindruckenden Wirkungskreises haben greifbare Spuren hinterlassen, Spuren, die auch in Zukunft an ihn erinnern werden.
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*Antonia Baumann ist Präsidentin des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Herrliberg (VVH).