Unvergessen: Alfred Illi

(1913 – 2009)

Erinnerungen einer Schülerin:

Lieber Fredi, du warst ein aussergewöhnlicher Sekundarlehrer für Generationen von Schülerinnen und Schüler – ich war eine davon. Bereits in der ersten Schulstunde war es allen klar: Vor uns steht ein Pädagoge, der als wacher Geist die Zeichen seiner Zeit zu analysieren und umzusetzen weiss und in seiner Funktion als Lehrer klare Wertvorstellungen vermittelt, gewissermassen ein stabiler Fels in der Brandung unserer pubertären Gemütsschwankungen. Den Kontakt zu vielen Schülerinnen und Schüler hast du lange über die Schulzeit hinaus gepflegt, ihnen das Du angeboten und ihre Werdegänge freundschaftlich verfolgt.

Manchmal hast du aus deiner Vergangenheit erzählt. Geboren wurdest du am 14. August 1913 in Wollishofen, in einer Zeit, als die Strassen mit „Rossboppele“ übersät waren und es noch Gas- und Petroleumlampen gab. Du hast das Seminar in Küsnacht besucht und anschliessend an der Universität Zürich die Ausbildung zum Sekundarlehrer mit Schwerpunkt auf den naturwissenschaftlichen Fächern absolviert. Kurz nach der Mobilmachung haben du und Ruth Krebs geheiratet. Das Leben während der Kriegsjahre hat euch nachhaltig geprägt. 1946 habt ihr in Herrliberg das Haus an der Münzhalde 13 erstehen können. Du hast Bäume gesetzt, die Familie pflanzte im Garten Gemüse und vieles mehr an, und eure Kinderschar wuchs auf vier an.

Die Herrliberger Sekundarschüler bedachten dich liebevoll mit dem Übernamen „Zeus“. Deine markanten Gesichtszüge, die schlohweissen Haare, deine leuchtend blauen Augen, dein agiles Auftreten, der präzise Ablauf deiner perfekt vorbereiteten und lehrreichen Schulstunden sowie deine Selbstdisziplin mögen zu dieser olympischen Bezeichnung geführt haben. Es lag dir im Unterricht und in deinem persönlichen Bereich viel daran, Werte wie Strebsamkeit zu vermitteln, oder die Wichtigkeit herauszustreichen, die persönlichen Fähigkeiten für sich und sein Umfeld in ethisch guter Weise anzuwenden und seinen persönlichen Charakter auszubilden.

1978 bist du, nach 45 Jahren Unterrichten, in den Ruhestand getreten. Du hast an keiner Zusammenkunft deiner Klassen gefehlt, die du alle mit Fotos und stenografischen Aufzeichnungen dokumentiert hast. Während vielen Jahren begegnete man dir, neben der Ausübung all deiner Aktivitäten, oft im Dorf, und es ging immer eine beeindruckende Vitalität von dir aus. Mit aufrichtiger Neugierde warst du stets ein interessierter Gesprächspartner und hast weiter führende Aspekte eingebracht. Als du am 22. März 2009, im 96. Lebensjahr, für immer eingeschlafen bist, wusste nicht nur deine Schülerschaft, dass sie einen wertvollen Menschen verloren hatte, ein wahres Vorbild.

Der VVH, den Du während Jahrzehnten mit wachen Augen aktiv unterstützt und mit Ideen und Bildmaterial beliefert hast, behält Dich in ehrender Erinnerung.

(Antonia Baumann)